Der vierte Geburtstag

 Der vierte Geburtstag, ist es möglich, dass ich schon so lange Mama bin? Deine Mama? 4 Jahre Mama ohne ihr erstes Baby. Es wird deutlich, du und ich wir sind mittlerweile ein bisschen alleine. Bei einem Gespräch neulich als ich gesagt habe, dass sich an dem Verlust an sich nichts geändert hat, der Schmerz immer noch der Gleiche ist, jeglich sich der Umgang mit selbigen geändert hat, da wurde komisch geguckt. Dann eine Kur empfohlen, das ich doch endlich loslassen müsse, natürlich nur zu meinem Besten. 

Warum ist der Tod eines Kindes so furchtbar unangenehm? Denn entschuldigt meine Direktheit an alle die hier mitlesen und keine Sterneneltern sind, wenn euch die Erwähnung eines toten Kindes unangenehm ist, dann liegt das Problem auf eurer Seite, nicht auf der der Mutter oder des Vaters. Für viele von uns sind das unsere Kinder, wir werden sie niemals los lassen. Nie. Einfach weil sie zu einem gehören. Zu  einer Sternenmama (Sternenpapas natürlich auch) zu sagen  "Hey lass doch mal los", ist  einfach nicht klug, erstrecht nicht bei Frauen wie mir, ich habe mich für einen medizinischen Abbruch entschieden, ich komme rational bestens damit klar. Zum Mitschreiben und für euch die den gleichen Weg gegangen sind zur Stärkung in so einer Situation: Ich HABE losgelassen als ich mich für den Tod meiner Tochter entschieden habe, ich habe ihr Herz auf dem Monitor gesehen als es aufgehört zu schlagen, ich habe die Nadel in meinem Bauch gespürt und ich habe sie danach auf die Welt gebracht und im Krankenhaus gelassen . Bitte, danke, ich  kann bestens loslassen.

Aber ich habe  ein Gehirn, ein Herz und dies weiß nunmal wie süß ihre Nase war, wie ihre Hand um meinen Finger lag, wie stolz ich auf dich war und bin Marie, ich nehm dich auf meinem Weg einfach mit und, dass ich dich vermisse, ist zutiefst menschlich und nicht krank. Bei toten Kindern ist dies einfach nur unangenehmer, in der Gesellschaft  einfach nicht normal. Aber sie gehören hierher,  hier zwischen uns, die mit den schwächsten Stimmen. Weiterkommen kann nur wer weitermacht, das weiß niemand besser als derjeniger der sein Kind begraben musste, also bitte, lasst uns an unsere Kinder denken ohne, dass ihr daraus ein Problem mit der Trauerbewältigung macht. Wir sind psychisch gesund wenn wir uns äußern, wir darüber reden. Schaut hin wenn wir verdrängen, werdet aufmerksam wenn wir uns verschließen obwohl  es ein offensichtliches Problem gibt, aber bitte stempelt uns nicht ab weil wir auch nach Jahren noch an unsere Kinder denken. Das ist ungefähr so wie bei einem Asthmatiker der schon jahrelang an der Krankheit leidet, der Nicht-Asthmatiker der kennt die Anfälle vielleicht irgendwann, aber würde man irgendwann mit der Hand auf den Tisch hauen und sagen:" SO, jetzt machts du das schon jahrelang! Jetzt atme doch gefälligst einfach mal tief ein und dann klappt das schon! Echt hey! " ? Vermutlich nicht, oder? Weil er das ja nicht kann, wäre doch gemein, oder? Und nun denkt ein jeder der kein totes Kind hat nochmal darüber nach ob er gerne Asthma hätte und wie er den Satz oben fände.... 

Trauern, Traumata formen dein Herz, deine Seele jedes Mal ein Stück um. Sie machen den Blick tiefer, das Herz in meinem Fall offener, weicher, ehrlicher. Ich entscheide mich bewusst an manchen Sachen festzuhalten auch wenn es auf den ersten Blick sinnfrei erscheinen mag. Sei es Marie oder die Liebe, sehe ich etwas gutes darin, daran, drumrum in der Tiefe der Essenz, ja dann kämpfe ich gerne. Marie gibt mir unglaublich viel Liebe, sie ist der Motor geworden, wenn ich müde bin. So viele die in ihr den Schmerz sehen und nicht die unglaubliche Liebe. Die den Verlust sehen, aber nicht was ich an ihr gewonnen habe.  Nicht dir Kraft die ich aus der Schwäche geschöpft habe. 

Es ist wie mit dem Verlust meines Exehemannes. Für mich ist er innerlich weg, ausgelöscht, ihn habe ich losgelassen, ihn wollte ich nach allem loslassen. Loslassen ist eine bewusste Entscheidung  für mich, möchte ich auf den Grund eines Meeres tauchen, wähle ich Anker um ihn festzuhalten, möchte ich fliegen, denn Ballon. 

Beim Loslassen ist die Frage was will ich behalten. Das ist eine freie Wahl. Niemand der dich verurteilt solange du ehrlich bist in deiner Entscheidung, problematisch wird es, wenn du sagst du willst Fliegen und dich dann mit aller Macht an den Anker klammerst. Und es ist genauso wenig fair, dich auf die Traumata andere zu besinnen um dein eigenes nicht antasten zu müssen. Natürlich kannst du das machen, das ist sogar zutiefst menschlich, aber es bringt dich ins Nirgendwo, in die Egalität, denn du gibst Sachen auf, die für dich vielleicht gut waren, die dich gespiegelt haben, die der Ballon zum Fliegen waren den du schonmal losgelassen hast, die deine Hand sanft vom Anker nehmen wollte, deine gekrümmten, schmerzenden Finger vom kalten Metall löst und dir die Schnur des Luftballons gibt, die in die Augen guckt und dich fliegen lässt weil es an der Zeit war. 

Das ist der Punkt an der Sache: Schlimme Erlebnisse, Krisen bieten dir immer eins und das ist die Chance! Die Chance dich weiterzuentwickeln, dich zu hinterfragen. Nicht jeder der viel durchgemacht hat, ist zwangsläufig gestört. Manche sehen das Feuer eben als die Möglichkeit ihren Kern zu schmelzen und dann neu zu formen, den Sturm als die Chance hoch hinauszufliegen, die Flut als Impuls endlich ein Boot zu bauen, das dich trägt.  Die Vergangenheit eines Menschen ist kein Marker für seine Zukunft und wir sollten dies auch nicht dazu machen. Du kannst eine vollkommen glückliche Beziehung mit einem Partner führen der sein Kind verloren hat, der aus einer gewaltvollen Ehe kommt, einen schwierigen Expartner hat oder lass es eine Krankheit sein, denn dies sind Faktoren im Außen, sie sind nicht bei euch im Innerern. Dieser Partner kann dir ein liebevollerer, aufrichtigterer und aufmerksamerer Partner sein als eine Person die es im Leben "leicht" hatte auf den ersten Blick. Ein Mensch mit Vergangenheit und diese aufgearbeitet hat, gibt dir die Möglichkeit einen Mensch an deiner Seite zu haben, der die Leichtigkeit gefunden hat, die Liebe zu sich,der sich seiner sicher ist und dadurch bewusst wählt. Eine Chance, es ist wie immer nur die Frage: Ergreifst du sie? 

Was wäre wenn Liebe Geld wäre?  Dir jemand Reichtum, Sicherheit und Versorgtsein bis an dein Ende garantiert, du findest das Geld schön, du magst es, liebst du es vielleicht? Niemand verzichtet auf das Geld, die Liebe jeodch wird oft weggeworfen wie eine wertlose Währung. Dabei ist es nicht das Geld, das dich im Alter liebt, dieVerletzungen deiner Seele sieht, sie streichelt und sagt "das bekommen wir schon hin". Warum geben wir Liebe, wahre Liebe doch so gerne auf? Aus Angst? Weil unser Portemonnaie für diese Währung nicht gemacht ist? Wir noch Fremdwärhung darin haben? Manchen Menschen kann man diese Währung hinterherwerfen, sie stehen nur da und schauen traurig weil sie ihre Hand nicht zum Fangen öffnen können, oder lachen, weil sie vermeintlich  an einer anderen Stelle noch viel mehr Geld riechen. Ist doch nur die Frage,  rein statistisch gesehen, wie oft gewinnt man zweimal  in dieser Form im Lotto?

 


Kommentare

  1. Ich liebe deine Beiträge wie so viele hier so so sehr, dein Vergissmeinnicht Blog und hier dein persönlicher der endlich wieder weiter geht. Ich weiß nicht wie vielen Frauen du das Leben gerettet hast. Hör bitte nie auf damit zu schreiben, du rettest mich jedesmal wenn ich nicht mehr kann.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts